Umgang nach Trennung und Scheidung

 

Das Kind hat ein eigenständiges Recht auf Umgang mit beiden Eltern und jeder Elternteil hat unabhängig von der Familienform, in der er lebt, ein Recht auf Umgang mit seinem Kind. Für die Eltern ist es eine große Herausforderung, die Umgangsregelung an den Bedürfnissen des Kindes auszurichten. Die gegenseitige Wertschätzung der Eltern ist für das Kind dabei von großer Bedeutung.

 

    Das Recht auf Umgang

     

    Das Kind hat ein eigenständiges Recht auf Umgang mit beiden Eltern. Jeder Elternteil hat unabhängig von der Familienform, in der er lebt, ein Recht auf Umgang mit seinem Kind. Das Umgangsrecht steht also auch Eltern zu, die nicht miteinander verheiratet waren und zwar unabhängig davon, wie das Sorgerecht geregelt ist. Die Eltern sind ihrerseits zum Umgang mit dem Kind verpflichtet. Das Umgangsrecht geht von dem Grundsatz aus, dass der Umgang mit beiden Eltern zum Wohle des Kindes ist. Auch Großeltern, Geschwister, Stiefeltern und andere enge Bezugspersonen des Kindes haben ein Recht auf Umgang mit dem Kind, wenn dieser dem Wohl des Kindes entspricht und für seine Entwicklung förderlich ist. Für die Eltern ist es eine große Herausforderung, die Umgangsregelung an den Bedürfnissen des Kindes auszurichten. Die gegenseitige Wertschätzung der Eltern ist für das Kind von großer Bedeutung. Auch wenn Elternteile nicht (mehr) sämtliche elterliche Rollen oder Aufgaben wahrnehmen können, bleiben sie für das Bild des Kindes von sich selbst und damit für seine Identität wichtig.

    Da das Umgangsrecht auch ein eigenständiges Recht des Kindes ist, hat es einen Anspruch auf Beratung und Unterstützung durch das Jugendamt, wenn ein Elternteil den Umgangswünschen des Kindes nicht nachkommt (§ 18 SGB VIII).

     

    Informationspflicht

     

    Beide Elternteile sind verpflichtet, sich gegenseitig über alle Umstände, die für das Befinden und die Entwicklung des Kindes wesentlich sind, zu informieren (§ 1686 BGB). Der Auskunftsanspruch ist kein Ersatz für den Umgang mit dem Kind bei Umgangseinschränkung oder -ausschluss, sondern besteht unabhängig vom Umgangsrecht und der bestehenden Sorgerechtsform. Auch betreuende Elternteile haben ein Recht darauf, über Besonderheiten beim Umgang, wie z. B. eine Erkrankung des Kindes, informiert zu werden. Ein Auskunftsanspruch besteht bis zur Volljährigkeit des Kindes. Auch ein vom Umgang ausgeschlossener Elternteil hat ein Auskunftsrecht, wenn dies dem Wohle des Kindes nicht widerspricht.

     

    Regeln für den Umgang

    Zeit, Dauer und Häufigkeit des Umgangs können die Eltern eigenständig vereinbaren, eine gesetzliche Vorgabe dafür gibt es nicht.

    Es empfiehlt sich, eine Umgangsvereinbarung zu treffen, in der die gewöhnlichen Umgangstermine, aber auch Vereinbarungen für besondere Termine wie Geburtstage und Feiertage sowie für die Ferien festgelegt werden.
    Hilfreich kann es auch sein, zu vereinbaren, wie das Bringen und Abholen des Kindes erfolgt und wie eigene Termine des Kindes wie beispielsweise die Teilnahme an sportlichen Wettkämpfen oder Geburtstagen von Freunden und dergleichen geregelt werden sollen.

     

    Hilfen für eine am Wohl des Kindes orientierte Umgangsgestaltung und eine Mustervereinbarung für die Umgangsregelung bietet Eltern der „Wegweiser für den Umgang“ . Die gewählte Umgangsregelung sollte von Zeit zu Zeit überprüft werden. Wenn sich die Lebensumstände ändern, sollte sie entsprechend verändert werden.

     

    Können sich die Eltern nicht über die Ausgestaltung und Durchführung des Umgangs einigen, können sie sich an das Jugendamt oder an Beratungsstellen anderer Träger wenden und sich dort beraten lassen. Wird auch so keine Einigung erzielt, kann das Familiengericht hierzu eine gerichtliche Regelung erlassen, in der die wichtigsten Aspekte des Umgangs mit dem Kind festgelegt werden. In Umgangsverfahren kann das Gericht dem Kind einen Verfahrensbeistand zur Wahrnehmung der Interessen des Kindes zur Seite stellen.

    Die Initiative „„Die Familienhandwerker“ vermittelt für Umgangseltern bundesweit kostenfreie Übernachtungen und Spielzimmer am Tag bei ehrenamtlichen Gastgeber*innen am Wohnort des Kindes.

    „Wohlverhaltensklausel“

     

    Damit Eltern und Kind ihr Recht auf Umgang auch ungehindert ausüben können, haben sie wechselseitig die Pflicht, alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil belasten würde (§ 1684 Abs. 2 BGB). Diese im Gesetz verankerte Regelung wird auch „Wohlverhaltensklausel“ genannt. Wichtig zu wissen ist, dass diese Klausel für beide Eltern gilt und nicht nur für den betreuenden Elternteil. Wird diese Pflicht zum Wohlverhalten dauerhaft oder wiederholt erheblich verletzt, kann das Familiengericht eine Umgangspflegschaft zur Durchführung des Umgangs anordnen. Dabei wird einem*einer Umgangspfleger*in das Recht übertragen, für die Dauer des Umgangs den Aufenthaltsort des Kindes zu bestimmen und die Ausübung des Sorgerechts der Eltern insoweit eingeschränkt.

    Umgangs- bzw. Betreuungsmodelle

     

    In bestehenden Beziehungen und Ehen werden Kinder von Eltern in sehr unterschiedlicher Weise betreut. Betreuungsmodelle getrennt lebender Eltern sind ebenso vielfältig. Überwiegend entscheiden sich Eltern nach einer Trennung dafür, dass das Kind seinen Lebensmittelpunkt bei einem Elternteil und Umgang mit dem anderen Elternteil hat. Eine derartige Regelung wird als Residenzmodell bezeichnet.

    Der Vielfalt von Umgangszeitanteilen sind kaum Grenzen gesetzt: Abhängig von Faktoren wie Alter und Bindungen des Kindes, Wohnortnähe und Berufstätigkeit der Eltern, Verteilung der Erziehungsaufgaben vor der Trennung und vielem mehr wird von seltenen Besuchskontakten (z. B. einmal im Monat) über übliche Umgangskontakte (z. B. ein Wochenende alle 14 Tage, teilweise ergänzt von einem Nachmittag in der anderen Woche) bis hin zu erweitertem Umgang (wobei größere Teile der Betreuung auch im Alltag vom Umgangselternteil übernommen werden) so ziemlich alles praktiziert.

    In jedem Fall sollten bei der Entscheidung der Eltern über das Betreuungsmodell die Bedürfnisse des Kindes im Mittelpunkt stehen und die Kinder selbst – ihrem Alter entsprechend – in die Entscheidungsfindung einbezogen werden. Damit ist gemeint, dass ihre Ansichten, Wünsche und Vorstellungen gehört und ihre Bindungen berücksichtigt werden. Gleichzeitig darf Kindern und Jugendlichen nicht die Verantwortung dafür aufgebürdet werden, eine Betreuungslösung vorzuschlagen oder zu finden; dies ist Aufgabe der Erwachsenen und würde Kinder in Loyalitätskonflikte bringen.

    Entscheiden sich die Eltern für stark erweiterten Umgang, kann dies Auswirkungen auf die Unterhaltspflicht haben. Ein „weit über das übliche Maß hinausgehender“ Umgang kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes rechtfertigen, den Barunterhalt für das Kind um eine oder mehrere Stufen der Düsseldorfer Tabelle herabzusetzen (BGH Beschluss vom 12. März 2014 – XII ZB 234/13).

    Die Eltern können sich auch darauf einigen, dass das Kind abwechselnd bei beiden Eltern leben soll, jeweils zur Hälfte von ihnen betreut wird und auch die Erziehungsverantwortung gleich verteilt ist. Eine derartige Regelung wird als (paritätisches) Wechselmodell bezeichnet. Sie hat Auswirkungen auf die Unterhaltsverpflichtungen, auf den Kindergeldbezug und die Aufteilung des Kindergeldes sowie auf sozialrechtliche Leistungen wie Bedarf im Leistungsbezug nach SGB II, Wohngeld und Mehrbedarf .

    Ein solches Modell erfordert ein hohes Maß an Absprachen, Kooperation, Kommunikation und Kompromissbereitschaft der Eltern. Die Eltern müssen in der Lage sein, ihre Konflikte einzudämmen und sich an den Bedürfnissen des Kindes auszurichten.
    Die Frage, welche Betreuungsregelung das Beste für das Kindeswohl ist, kann die Forschung derzeit nicht beantworten. Aus psychologischer Sicht ist nicht die Quantität, sondern die Qualität der Kontakte mit den Eltern für das Wohl des Kindes entscheidend. Das Kind braucht genügend Zeit, um mit beiden Eltern positive Kontakte zu pflegen, ohne dass beziffert werden könnte, wie viel Zeit dafür mindestens notwendig ist. Was für das eine Kind gut ist, muss nicht für das andere gut sein. Deshalb sollten die Eltern versuchen, eine Regelung zu finden, die zu ihrem Kind und der individuellen Situation der Familie passt. Es gibt immer mehr Eltern, die glauben, gemeinsame Sorge der Eltern bedeute automatisch eine Betreuung des Kindes im Wechselmodell. Das ist nicht der Fall. Mehr zum Wechselmodell hier. 

    APP „Getrennt-Gemeinsam“: Mit dieser APP der Landesarbeitsgemeinschaft und des Fachverbandes für Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung Bayern e. V. können getrennte Eltern  Termine koordiniere, Freizeitgestaltungen absprechen, Umgangszeiten regeln, Unterlagen der gemeinsamen Kinder teilen.

    Begleiteter Umgang/ Umgangsausschluss

     

    Der Umgang mit dem Kind kann auch ausgeschlossen oder beschränkt werden (§ 1684 Abs. 4 BGB). Bei Umgangsschwierigkeiten ist es zunächst sinnvoll, sich Hilfe und Unterstützung durch das Jugendamt oder andere Beratungsstellen zu holen. Ist dennoch keine Lösung der Konflikte möglich, kann das Familiengericht einen begleiteten Umgang anordnen, den Umgang einschränken oder ausschließen, wenn andernfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre.
    Ein begleiteter Umgang oder ein Umgangsausschluss kommt in den Fällen in Betracht, in denen der Schutz des Kindes während des Umgangs nicht gewährleistet werden kann, zum Beispiel bei einem gewalttätigen Elternteil, bei Gefahr des sexuellen Missbrauchs oder der Kindesentführung. Auch bei bestimmten psychischen Erkrankungen oder wenn ein Kontakt zwischen Kind und Elternteil erst angebahnt werden muss, kann im Einzelfall ein begleiteter Umgang notwendig sein. Diese Form des Umgangs findet in der Regel an einem neutralen Ort (z. B. in einer Erziehungsberatungsstelle) und unter der Anwesenheit einer dritten Person (z. B. eine sozialpädagogische Fachkraft oder eine Person Ihres Vertrauens) statt. Der begleite Umgang ist immer eine befristete Maßnahme mit der Zielsetzung, einen eigenverantwortlichen, sicheren Umgang zwischen dem umgangsberechtigten Elternteil und dem Kind herzustellen.

     

    PAS – Parental Alienation Syndrom

     

    Unter dem Schlagwort „Parental Alienation“ müssen sich leider immer noch viele Alleinerziehende in familiengerichtlichen Verfahren mit dem Vorwurf der Eltern-Kind-Entfremdung auseinandersetzen, obwohl PAS/PA in der Fachwelt weder als psychische Störung noch als gesundheitswissenschaftliches Phänomen anerkannt ist.

    Mit der folgenden Fachinformation möchte der VAMV die wissenschaftliche Diskussion zusammenfassen und klarstellen, dass PAS/ PA weder eine wissenschaftlich anerkannte noch eine adäquate Antwort auf entfremdetes Verhalten von Kindern ist. Vielmehr ist in familiengerichtlichen Verfahren eine differenzierte Betrachtungsweise der Richter*innen und anderen am Verfahren Beteiligten vonnöten, die das gesamte Familiensystem in den Blick nimmt, um Kindern und Eltern zu helfen.

    Die vollständige Fachinformation zum PAS steht als Download für Sie bereit.

    Wegweiser für den Umgang nach Trennung und Scheidung

    Wie Eltern den Umgang am Wohl des Kindes orientieren können

    Der Wegweiser bietet nach einer Trennung oder Scheidung Orientierung und Hilfe. Er richtet sich an beide Eltern, unabhängig davon, ob sie in einem Haushalt zusammen gelebt haben. Er informiert über rechtliche Regelungen, was alles für den Umgang zu regeln ist, gibt Anregungen zu altersgerechten Umgangsmodellen, zu Gesprächen mit dem Kind, zum Umgang mit anderen Bezugspersonen und wie der Umgang gelingen kann. Der Wegweiser wurde aufgrund vielfältiger gesetzlicher Änderungen und fachlicher Weiterentwicklungen vollständig überarbeitet und aktualisiert. Er enthält eine Musterumgangsvereinbarung zum Herausnehmen.

    Broschüre, 12. Auflage, 88 Seite, Deutsche Liga für das Kind in Familie und Gesellschaft e.V., Deutscher Kinderschutzbund e.V. – DKSB, Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. – VAMV (Hrsg.) 2015,…mehr

    Gemeinsam Sorgeverantwortung übernehmen!

    Immer mehr Eltern haben auch als getrennt lebende Eltern das gemeinsame Sorgerecht für ihre Kinder. Gemeinsames Sorgerecht bedeutet, dass Sie als Eltern viele Entscheidungen, insbesondere solche von erheblicher Bedeutung für das Kind gemeinsam treffen müssen, auch wenn Sie getrennt leben.

    Um Konflikte zu vermeiden, kann es hilfreich sein, eine Elternvereinbarung zu treffen: Mit der vorliegenden Elternvereinbarung können Eltern und Kinder ihre Vorstellungen von der künftigen Gestaltung der gemeinsamen Sorge und der elterlichen Verantwortung bei Getrenntleben der Eltern dokumentieren. Die Elternvereinbarung beinhaltet unter anderem Absprachen zum Aufenthalt des Kindes, zum Umgang und zum Unterhalt. Diese Absprachen werden gemeinsam unter Einbeziehung aller Betroffenen ausgehandelt und schriftlich festgehalten. Eine kurze Einführung in die rechtlichen Grundlagen und einige Tipps und Informationen erleichtern das Ausfüllen.

    Beim Besprechen und Aushandeln einzelner Punkte der Elternvereinbarung werden mögliche Konflikte zu einem frühen Zeitpunkt ersichtlich und können durch aktive Elternarbeit – zum Beispiel durch die Inanspruchnahme von Beratung – behoben werden. So kann die Elternvereinbarung die Grundlage für ein konstruktives und kooperatives Miteinander schaffen.

    Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. – VAMV (Hg.), Berlin 2016

    Zur Bestellung oder zum Download hier.

    Weitere Tipps und Infos zur Situation Alleinerziehender

    ...erhalten Sie in unserem Ratgeber „Allein erziehend – Tipps und Informationen“. Er führt Sie nach einer Trennung oder Scheidung durch den Dschungel von rechtlichen Bestimmungen im Hinblick auf Existenzsicherung, Unterhalt, Umgang, Sorgerecht und vieles mehr. Den Ratgeber gibt es auch in türkischer  und arabischer Sprache.

    Taschenbuch, aktualisierte Ausgabe 24, 240 Seiten, Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V., Bundesverband e.V. (Hrsg.) 2020, mehr

    Wollen Sie sich regelmäßig über aktuelle Lage Alleinerziehender informieren oder benötigen Sie eine Beratung? Wir helfen Ihnen gerne weiter!