4. Held:innen-Debatte beleuchtet mit Bundestagsabgeordneten Nachbesserungsbedarfe

Am Freitag, den 14. Dezember 2023, diskutierten die Bundestagsabgeordneten Silvia
Breher (CDU), Sarah Lahrkamp (SPD), Heidi Reichinnek (Die Linke) und Nina Stahr (B90/Die Grünen)
in der Heldinnen-Debatte der Stiftung Alltagheld:innen, wie eine Kindergrundsicherung aussehen
müsste, von der alleinerziehende Familien profitieren. Rund 100 Menschen aus verschiedensten
Institutionen und Organisationen bundesweit folgten der Einladung der Stiftung Alltagsheld:innen,
des Bundesverbands alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) und des Bundesverband
Selbsthilfe-Initiative Alleinerziehender (SHIA) zur Diskussionsrunde.

Die Familienpolitikerinnen debattierten mit den Alleinerziehenden-Organisationen Knackpunkte des
Gesetzentwurfs – darunter die unzureichende Abstimmung mit anderen Rechtsbereichen oder die
fehlende Berücksichtigung von Umgangsmehrbedarfen. Die Veranstalterinnen legten außerdem
noch einmal in punkto Erwerbsanreize und Rahmenbedingungen für Alleinerziehende den Finger in
die Wunde.

Miriam Hoheisel, Geschäftsführerin des VAMV-Bundesverbands, urteilte über die bisherigen
Regelungen im Gesetzentwurf mit Blick auf Kindesunterhalt, der parallel den Zusatzbetrag und das
Wohngeld reduziert: „Die Kindergrundsicherung darf die Schnittstellenprobleme nicht wieder
verschärfen und hinter bereits umgesetzte Reformen wie die des Kinderzuschlags 2019 zurückfallen.
Das wäre vor allem für Ein-Eltern-Familien fatal.“ Kritik gab es auch von Anja Klamann,
Vorstandsmitglied bei SHIA, an der fehlenden Berücksichtigung von Umgangsmehrbedarfen: „Der
Kinderzusatzbetrag inklusive der Wohnkosten für das Kind soll zwischen den Elternteilen aufgeteilt
werden. Ein-Eltern-Haushalte erhalten so nur noch Leistungen für das Kind für die Tage, an denen
es sich in ihrem Haushalt aufhält. So entsteht eine Unterfinanzierung, das Risiko von Kinderarmut
wird damit erhöht statt bekämpft“.

Heidi Thiemann, geschäftsführende Vorständin der Stiftung Alltagsheld:innen, übte Kritik an der
Koppelung von Unterhaltsvorschuss an Einkommen bereits ab dem 7. Lebensjahr des Kindes: „Für
Alleinerziehende ist das ein eklatanter Schritt zurück, und das trotz hoher Kinderarmut. Es braucht
verlässliche Kinderbetreuung und familienfreundliche Arbeitszeiten, keine Erwerbsanreize für
Alleinerziehende. Selbst der Bundesrat fordert die Rücknahme dieser verschärften
Anspruchsvoraussetzungen.“

KRITIK DER ALLEINERZIEHENDEN -ORGANISATIONEN FINDET GEHÖR

Die Bundestagsabgeordneten bezogen zu den Kritikpunkten Position. Die familienpolitische
Berichterstatterin der SPD-Fraktion, Sarah Lahrkamp, verlieh der Notwendigkeit einer gerechteren
Verteilung Nachdruck: „Es ist an der Zeit, dass Familien, insbesondere Alleinerziehende, die
tagtäglich hart arbeiten und dennoch jeden Euro umdrehen müssen, die Unterstützung erhalten, die
ihren Kindern zusteht. Deswegen setzen wir uns zurzeit im parlamentarischen Verfahren intensiv
dafür ein, dass die Verteilungsfrage in unserer Gesellschaft zugunsten einer stärkeren und
gerechteren Zukunft unserer Kinder gelöst wird.“

KRITIK AN ERWERBSANREIZEN VON ALLEN ABGEORDNETEN

Die in der Kindergrundsicherung vorgesehenen Erwerbsanreize für Alleinerziehende ernteten unisono
von allen Abgeordneten Kritik. Nina Stahr, Mitglied im Familienausschuss und bildungspolitische
Sprecherin von Bündnis 90/DIE GRÜNEN, betonte mit Blick auf Alleinerziehende: „Es geht an der
Lebenswirklichkeit vorbei, ihnen Erwerbsanreize zu setzen. Und auch die temporären
Bedarfsgemeinschaften nehmen wir genau unter die Lupe. Erfreulich ist, dass wir den
Kindergeldübertrag abschaffen, den Kindergarantiebetrag automatisch an die Preisentwicklung
anpassen und ein Teil der Alleinerziehenden mit der Kindergrundsicherung mehr vom Unterhalt
behält.“

Die Oppositionspolitikerinnen beanstandeten die Kindergrundsicherung in der jetzigen Form. So
bemängelte Heidi Reichinnek (Die Linke), dass ausgerechnet Alleinerziehende „wegen eines
angeblich nötigen Erwerbsanreizes noch weiter gegängelt werden. Dass der Finanzminister dabei
mit schlicht falschen Zahlen zur Erwerbsquote hantiert“, sich bis heute dafür aber nicht entschuldigt
habe, sei ein Skandal. „Eine echte Kindergrundsicherung bedeutet auch spürbare
Leistungserhöhungen, alles andere ist Augenwischerei“, stellte Reichinnek klar.

Laut Einschätzung von Unionspolitikerin Silvia Breher bringe die derzeitige Kindergrundsicherung
„insbesondere für Alleinerziehende neue und zusätzliche Nachteile mit sich.“ Zudem werde, statt
Bürokratie abzubauen, neue kostenträchtige Bürokratie geschaffen. „Was wir brauchen, sind
einfache, automatisierte und digitale Verfahren. Was wir vor allem auch für Alleinerziehende
brauchen, sind zielgenaue Unterstützungsleistungen und gute Rahmenbedingungen. Nur durch
einen aufeinander abgestimmten Maßnahmenmix geben wir den Kindern gute Startchancen für ihr
Leben.“

Die Held:innen-Debatte ist ein Online-Diskussionsformat der Stiftung Alltagsheld:innen. Seit
2022 lädt die Stiftung zu verschiedenen Dachthemen Gäste aus Verbänden, Organisationen,
Politik oder Wissenschaft zum Austausch ein. Nähere Informationen dazu sind hier zu finden.