Solveig SchusterPressestatement Solveig Schuster
Bundesvorsitzende des Verbandes
alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV)

 

 

Die Hälfte aller Kinder in Armut lebt bei Alleinerziehenden, zu 90 Prozent Mütter. Einelternfamilien haben mit  und 42 Prozent das größte Armutsrisiko aller Familienformen und das, obwohl die Erwerbstätigkeit alleinerziehender Frauen hoch ist und weiter ansteigt. Arbeit allein schützt sie und ihre Kinder also nicht per se vor Armut. Das ist seit langem bekannt und doch: Seit Jahren tut sich nichts – Kinderarmut in Einelternfamilien sinkt nicht.

Warum sind Alleinerziehende und ihre Kinder so oft arm?

Die Ursachen sind vielfältig: Sie reichen von der Situation Alleinerziehender als Frauen und Mütter auf dem Arbeitsmarkt mit einem Betreuungsangebot, welches nicht zu den Arbeitszeiten passt, über nicht gezahlten Kindesunterhalt bis hin zu familien- und ehepolitischen Leistungen, die bei ihnen nicht ankommen, weil Teile des Sozial-, Steuer- und Unterhaltsrechts nicht gut aufeinander abgestimmt sind oder sich widersprechen. Sie fallen durchsRaster. „Sie“, das sind 1,6 Millionen Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern im Haushalt – jede fünfte Familie.

Etwa beim Kinderzuschlag, einer Leistung die explizit verhindern soll, dass Familien auf Hartz IV angewiesen sind: Diese Leistung schließt Alleinerziehende fast vollständig aus, da Kindesunterhalt und/oder Unterhaltsvorschuss darauf angerechnet werden. Statt dem Nebeneinander vieler kindbezogener Leistungen setzt der VAMV daher auf eine Kindergrundsicherung als armutsvermeidendes Instrument.

Es gibt weitere Beispiele, die Alleinerziehende benachteiligen oder sie ausbremsen:

Wie das Ehegattensplitting und die Steuerklasse II: Während der Trauschein eine bis zu 15.700 Euro hohe Entlastung im Jahr bewirkt, werden Alleinerziehende in der Steuer mit einem Entlastungsbetrag von 1.908 Euro abgespeist.

Wie die Kinderbetreuung: Alleinerziehende arbeiten in allen Branchen, auch im Gesundheitssystem, im Einzelhandel oder in der Gastronomie. Da ist Schichtdienst, Wochenendarbeit auch in den Ferienzeiten angesagt. Es fehlen die passenden Betreuungsangebote zu Randzeiten, am Wochenende und in den Ferien. In der Kita, aber auch in der Schule. Das bedeutet: Ohne Kita kein existenzsichernder Job, ohne genug Einkommen Armut und Hartz IV. Ohne Beiträge in die Rentenversicherung und private Vorsorge Armut im Alter.

Wie das SGB II: Aktuell stehen dafür Neuregelungen an, und wir fordern zusammen mit anderen Verbänden die Einführung eines  pauschalisierten Mehrbedarf für Umgangskinder im SGB II. Derzeitig wird bei den Alleinerziehenden tageweise das vollständige Sozialgeld gekürzt, sobald das Kind Umgang mit dem anderen Elternteil hat. Um einem Kind mit Aufenthalten in zwei Haushalten alles Notwendige, wie Kleidung und Alltagsutensilien bereitstellen zu können, bedarf es aber doppelter Anschaffungen. Fixkosten wie Telefon und Strom fallen bei der Alleinerziehenden weiter an und werden auch bei Abwesenheiten des Kindes nicht eingespart. Eine Existenzsicherung, die unterste Stufe der Armutsvermeidung, wird für diese Kinder erst durch einen solchen Umgangsmehrbedarf gewährleistet.

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