Die Ampel-Koalition hat endlich einen Koalitionsvertrag vorgelegt. Einen politischen Fahrplan der die Richtung der nächsten 4 Jahre setzt und einen Ton für die anstehenden Gesetzesentwürfe vorgibt.
Unsere Kolleginnen vom VAMV NRW haben sich den Koalitionsvertrag mit der Alleinerziehenden-Brille angeschaut und für Euch die wichtigsten Inhalte hier zusammengefasst:
Alleinerziehende kommen im Papier übrigens 5mal vor. Darüber hinaus gibt es weitere Formulierungen, die für Alleinerziehende relevant sind wie beispielsweise die Einführung einer Kindergrundsicherung. Die Ampelkoalition kommt damit einer langjährigen Forderung des VAMV nach einer familienpolitischen Leistung nach, die die Kinder von Alleinerziehenden wirksam aus der Armut holen kann.

Zusammen mit anderen Verbänden und renommierten Wissenschaftler*innen  fordert der VAMV seit Jahren eine Kindergrundsicherung, die das soziokulturelle Existenzminimum von Kindern unbürokratisch und aus einer Hand sichert. Als Mitglied im Bündnis Kindergrundsicherung hat der VAVM gefordert, die Familienförderung vom Kopf auf die Füße zu stellen. Diese Forderung scheint mit den folgenden Inhalten im Koalitionsvertrag nun endlich Realität zu werden. So steht im Koalitionsvertrag:

Kindergrundsicherung: Absatz 3331-3360
  • Neustart der Familienförderung durch Kindergrundsicherung: Bündelung von Kindergeld, SGB II/XII, Bildungs- und Teilhabepaket, sowie Kinderzuschlag als eine Förderleistung. Leistung soll direkt bei den Kindern ankommen und so, ein neu zu definierendes, soziokulturelles Existenzminimum sichern
  • Zugang zu den Leistungen soll vereinfacht und entbürokratisiert werden, durch digitales Kinderchancenportal
  • Komponenten der Kindergrundsicherung: 1. Einkommensunabhängiger Garantiebetrag, der für alle Kinder und Jugendliche gleich hoch ist 2. Gestaffelter Zusatzbetrag, der sich am Elterneinkommen bemisst
  • Bis zur tatsächlichen Einführung der Kindergrundsicherung sollen Kinder, die Anspruch auf SGB II, SGB XII oder Kinderzuschlag haben, durch einen Sofortzuschlag abgesichert werden
  • Alleinerziehende sollen zusätzlich entlastet werden mit einer Steuergutschrift
Zeit für Familie: Absatz 3363-3381
  • Elterngeld soll vereinfacht und digitalisiert werden und die gemeinschaftliche elterliche Verantwortung gestärkt werden
  • Basis-Elterngeld wird auch für Alleinerziehende um einen Monat erweitert
  • Einführung einer zweiwöchigen vergüteten Freistellung für den anderen Elternteil nach der Geburt eines Kindes
  • Verlängerung des elternzeitbedingten Kündigungsschutzes um drei Monate nach Rückkehr in den Beruf
  • Für Alleinerziehende werden die Kinderkrankentage auf 30 Tage pro Kind erhöht
Familienrecht: Absatz 3384-3424
  • Modernisierung des Familienrechts: Ausweitung des „kleinen Sorgerechts“ für soziale Eltern. Im Einvernehmen kann die rechtliche Verantwortung auf zwei weitere Erwachsene übertragen werden = Institut der Verantwortungsgemeinschaft
  • Umgangs- und betreuungsbedingten Mehrbelastungen sollen im Sozial- und Steuerrecht besser berücksichtigt werden
  • Berücksichtigung der Betreuungsanteile, vor und nach der Scheidung, im Unterhaltsrecht
  • Verbesserung der Erziehungs-, Trennungs- und Konfliktberatung. Bei den Beratungsangeboten soll das Wechselmodell im Fokus stehen
  • Kinderschutz soll im familiengerichtlichen Verfahren berücksichtigt werden. Wenn häusliche Gewalt festgestellt wird, ist dies zwingend im Umgangsverfahren zu berücksichtigen
  • Gesetzliche Verankerung eines Fortbildungsanspruch für Familienrichter:innen
  • Haben unverheiratete Eltern den gleichen Wohnsitz so soll es möglich sein, durch eine einseitige Erklärung das gemeinsame Sorgerecht zu erlangen
Gleichstellung: Absatz 3837-3862
  • Ressortübergreifende Strategie, mit einem sog. Gleichstellungs-Check, zur Erreichung der Gleichstellung von Frauen und Männern
  • Die Istanbul-Konvention soll auch im digitalen Raum umgesetzt und durch eine staatliche Koordinierungsstelle wirksam geregelt werden
  • Das Recht auf Schutz vor Gewalt für jede Frau und jedes Kind muss abgesichert werden, genauso wie die verlässliche, bundeseinheitliche Finanzierung von Frauenhäusern. Dies gilt auch für die Finanzierung von Zufluchtsorten für männliche Opfer.
Ökonomische Gleichstellung: Absatz 3865-3884
  • Die Lohnlücke zwischen Frauen und Männern soll geschlossen und das Entgelttransparenzgesetz soll weiterentwickelt werden
  • Stärkung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Mehr Arbeitnehmer:innen sollen zukünftig Brückenteilzeit in Anspruch nehmen können
  • Überführung der Kombination aus den Steuerklassen III und V in das Faktorverfahren der Steuerklasse IV zur Schaffung von mehr Fairness und zur Entbürokratisierung der Finanzverwaltung
In diesem Sinne gehen wir wieder an unsere Arbeit und kämpfen weiter für die Sichtbarkeit von Alleinerziehenden!
Den kompletten Koalitionsvertrag und die relevanten Absätze findet ihr hier.