Die deutsche Liga für das Kind fordert ein Konzept für schrittweise Wiederöffnung von Kitas und Kindertagespflegestellen in der Corona-Krise. Als Erstes sollte die Notbetreuung auf Kinder aus Familien mit erhöhtem Bedarf, wie erwerbstätige Alleinerziehende, ausgeweitet werden. Der VAMV Bundesverband unterstützt die Stellungnahme:

Pressemitteilung der Deutschen Liga für das Kind, Berlin, 20. April 2020:

Corona: junge Kinder und ihre Eltern nicht aus dem Blick verlieren
Deutsche Liga für das Kind fordert schrittweise Öffnung der Kitas und Kindertagespflegestellen

Nach einer langen Zeit des Shutdown öffnen wieder kleinere Geschäfte, und der Schulbeginn ist für die Schülerinnen und Schüler absehbar. Kitas und Kindertagespflegestellen demgegen-über bleiben weiterhin –abgesehen von einer Notbetreuung – geschlossen. Die meisten Eltern mit jungen Kindern sind demnach weiterhin darauf angewiesen, die Versorgung ihrer Kinder ohne Unterstützung zu leisten, auch dann, wenn sie erwerbstätig sind.

Den Kindern fehlen Spielkameraden, eine anregungsreiche Umgebung und die Förderung durch pädagogische Fachkräfte. Eltern können die Kita nicht ersetzen, zumal Spielplätze, Schwimmbäder, der Zoo etc. geschlossen sind.„Vor allem betroffen sind Kinder in Familien, in denen die Beziehungen ohnehin angespannt sind, in denendie Nerven der Eltern blank liegen, in denen die Eltern aufgrund wirtschaftlicher Sorgen nicht ansprechbar sind.

Bei den von Armut betroffenen Familien kommt hinzu, dass nun auch noch die kostenfreie oder kostengünstige Essensversorgung in Kitas und Kindertagespflegestellen wegfällt. Vielfältige Belastungslagen verschärfen sich. Schon seit einigen Wochenmacht die Kinder-und Jugendhilfe auf die erhöhten Risiken von häuslicher Gewalt sowie Gewalt, Missbrauch und Vernachlässigung von Kindern aufmerksam. Das muss uns alle beunruhigen“, sagt Prof’in Dr. Sabine Walper, Präsidentin der Deutschen Liga für das Kind.„Zudem ist die Befundlage zur Rolle der Kinder im Infektionsgeschehen, die eine fortgesetzte Schließung der Kitas begründen könnte, erstaunlich schwach.

“Vor diesem Hintergrund sollte eine schrittweise Öffnung der Kitas und Kindertagespflegestel-len im Interesse der Eltern und Kinder bereits in den kommenden Wochen erwogen werden.Hierbei muss der notwendige Gesundheitsschutz für Kinder und Fachkräfte durch geeignete, mit den Eltern abgestimmte Maßnahmen bestmöglich gewahrt werden.Als erster Schritt sollte die Notbetreuung auf Kinder aus Familien mit erhöhtem Bedarf ausge-weitet werden. Neben Kindern, deren Eltern in systemrelevanten Bereichen tätig sind, betrifft dies vor allem Kinder erwerbstätiger Alleinerziehender und vollzeiterwerbstätiger Paare, Kinder aus belasteten Familien sowie Kinder mit erhöhtem sozialpädagogischen Förderbedarf oder mit erhöhtem Sprachförderbedarf vor der Einschulung.

Weiterhin sollte sichergestellt werden, dass Kitas und Kindertagespflegestellen auch während der Sommerferien durchgehend geöffnet sind. Dafür ist bei Bedarf eine Ausweitung der Finan-zierung notwendig.Um noch mehr Handlungssicherheit zu gewinnen, sollten die Statistiken zu den Infektionsraten von Kindern und zu deren Rolle bei der Ausbreitung des Virus detailliert altersbezogen ausgewertet und kontinuierlich in politische Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Außerdem sollte geprüft werden, welche Erfahrungen in den verschiedenen Bundesländern und im Ausland (z.B. Dänemark) mit der allmählichen Wiedereröffnung von Kitas und Kindertagespflege-stellengemacht werden und inwieweit diese für Deutschland genutzt werden können.

Die ausführliche Stellungnahme (www.liga-kind.de) wird vom Berufsverband der Kinder-und Jugendärzte (BVKJ), dem Bundesverband für Kindertagespflege (BVKT), der Deutschen Gesellschaft für Kinder-und Jugendpsychiatrie(DGKJP), der Deutschen Gesellschaftfür Sozialpädiatrie und Jugend-medizin(DGSPJ), dem Deutschen Familienverband (DFV), dem Deutschen Juristinnenbund (djb), der evangelischen arbeitsgemeinschaft familie (eaf), dem Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) sowie von zahlreichenFachleuten aus Wissenschaft,Praxis und Verbänden unterstützt.